Alternatives und altersangemessenes Ausdauertraining für die Jagd

Es gibt viele Gründe, warum man sich nicht mit dem Klassiker des Ausdauertrainings, dem Joggen, fit machen kann: lange Arbeitstage in der dunklen Jahreszeit, zu hohes Körpergewicht, Schwierigkeiten mit den Knien, der Achillesferse oder andere gesundheitliche Gründe, Angst, als Frau alleine Laufen zu gehen usw. Es gibt Alternativen.
Ich habe mich wegen Schwierigkeiten mit der Achillesferse nach einem alternativen Sportprogramm zur Vorbereitung auf eine anstrengende Pirschjagd im Winter umgesehen. Das sonst übliche harte Vorbereitungsprogramm konnte ich diesen Herbst schlicht nicht durchführen.
Ich hatte genau 10 Wochen Zeit, um mich vorzubereiten.

Trainingsmöglichkeiten vor der Haustüre
    
Marschieren, Schwimmen, Gymnastik
Mir war klar, dass ich in den 12 Jagdtagen lange Fußmärsche mit Gepäck in der Kälte und in schwierigem Gelände würde absolvieren müssen. Also führte kein Weg daran vorbei, Übungsmärsche in das Programm aufzunehmen. Ich glaube an den Trainingsgrundsatz "train as you fight" und denke deshalb nicht, dass man beispielsweise nur mit Fahrradergometer und Laufband eine hohe Marschbelastung bei Wind und Wetter vorbereiten kann.

Weiterhin musste ich generell mein Herz-Kreislauf-System stärken und wählte dafür statt des üblichen Joggens Schwimmen aus.

Und schließlich brauchte ich eine starke Rumpf- und Rückenmuskulatur und meine Schultern und Arme sollten ausreichend trainiert sein, um einerseits mit Waffe und Rucksack durch das Gelände zu marschieren und zu kriechen und andererseits vom Holzhacken bis zum Schlafen auf einem Feldbett auf den gewohnten Komfort zu verzichten. Dafür machte ich Übungen mit dem Theraband oder Gymnastik.
   
Der Blick für die heimische Natur verändert sich mit jedem Marschkilometer
         
Voraussetzungen
Auch, wenn man ohnehin im Training ist, ist ein Arztbesuch vor Trainingsbeginn ratsam.
Erstens nehme ich verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente mit, die ich ohne meine Ärztin nur schwer bekommen kann. Manchmal brauche ich darüber hinaus spezielle Impfungen.

Zweitens erleichtert es die Behandlung aller möglichen Erkrankungen oder Verletzungen während der Vorbereitungszeit, wenn die Ärztin Bescheid weiß. So hat sie diesen Herbst wegen meines Trainingspensums schneller ein Antibiotikum verschrieben, als sie es sonst tun würde.

Drittens gilt zu bedenken, dass ich im Krankheitsfall kurz vor Reiseantritt einfacher ein Attest für die Reiserücktrittsversicherung bekommen kann, wenn klar ist, wohin ich fahre und welche Anforderungen damit verbunden sind (letztes Jahr vor der Gamsjagd in den Pyrenäen, die ich um einen Monat verschieben musste, ist genau das geschehen).

Als Sportanlage braucht man eigentlich nur ein Schwimmbad, das man am besten dann besucht, wenn es möglichst leer ist.

Märsche führe ich auf meiner Laufstrecke durch, die ich durch Routenwahl von 6,5 bis 16 km steigern kann. Ich habe irgendwann mit einer App im Mobiltelefon diese Distanzen ausgemessen.

Ungemütliches Wetter schafft willkommene Trainingsreize
   
Das Programm im Einzelnen
Den wöchentlichen Marsch von rund 11 km mit 12 kg Gepäck in Bergschuhen mit raschem Tempo legte ich auf das Wochenende. Damit hatte ich trotz vieler Termine genug Spielraum. Ich steigerte die Strecke nach einem Monat auf 16 km.
Distanz und Gewicht wählte ich in Abhängigkeit davon, wie mein körperlicher Zustand zu Beginn des Programms war. Obwohl meine Schmerzen in der Achillesferse zu Beginn des Trainings noch nicht einmal erlaubten, dass ich mehr als ein paar hundert Meter joggte, lief das Marschieren in den schützenden Stiefeln ohne große Probleme.

Das Schwimmtraining absolvierte ich jeweils zwei Mal wöchentlich 45 Minuten auf der 25 m-Bahn im Hallenbad. Trotz der vielen Trainingshindernisse in einem öffentlichen Bad (im Wesentlichen andere Nutzer) erlaubten mir Öffnungszeiten bis 22 Uhr, dieses Training mit großer Kontinuität zu betreiben. Zwischenzeitlich aufgetretene Schulterschmerzen wegen der ungewohnten Belastung, wurde ich durch ein einmaliges "Pausieren" (zusätzlicher Marsch statt Schwimmen) los.

Die Gymnastik mit dem Theraband und Kräftigungs- und Dehnübungen machte ich ebenfalls drei Mal in der Woche wie gewohnt zu Hause. Auf schwere Gewichte verzichtete ich diesmal.

Was ich nicht absolviere, ist ein spezielles Trainingsprogramm für das Jagen in schwerem Gelände. Ich bin oft genug in den schottischen Highlands herumgekrochen, um zu wissen, dass mir das nicht schwer fällt, solange ich ausreichend Gymnastik mache.
   
Kontinuität
Ich glaube, dass Kontinuität in doppelter Hinsicht ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Erstens stellt sich ein Trainingseffekt nur bei regelmäßigem Training ein. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, weniger als drei Mal wöchentlich ein Ausdauertraining von mindestens 35 Minuten zu absolvieren. Wer ständig Gründe findet, das Training "zu verschieben", also faktisch ausfallen zu lassen, kann sich nicht ausreichend vorbereiten. "Zu warm", "zu kalt" oder Regen sollten daher nicht als Hindernis, sondern als willkommene Trainingsherausforderung betrachtet werden.

Zweitens glaube ich, dass eine solche Konsequenz auch der Willensschulung dient. Das Wort wirkt altmodisch, aber wenn Sie in extremer Umwelt gejagt haben, wissen sie, was ich meine: Warum steigt man noch 100 m weiter in den Berg, obwohl man nicht mehr kann? Warum pirscht man noch eine Stunde länger oder sitzt noch eine Nacht bei eisiger Kälte, obwohl man "durch" ist? Das tut man nur, um Erfolg zu haben, wenn man einen starken Willen hat!

Kontinuität hat beim Training aber noch eine zweite Bedeutung: Bei der Jagd wird man nicht nach jeder Anstrengung eine Ruhephase haben, sondern ein Tag draußen folgt einem zweiter Tag und dem ein dritter Tag und so weiter. Ausgeruht wird nur kurz über Nacht (aber dann vielleicht auf hartem Boden und Isomatte) und am Ende der Reise. Deshalb muss man irgendwann im Training die Anstrengung auch einen zweiten und dritten Tag fortsetzen.
    
Ergebnisse
Ich verlor pro Monat etwas über 2 kg und zwar ohne, dass ich weniger aß. Ich hatte zwar während der zwei Monate vereinzelt kleinere Probleme in Schulter, Rücken und Beinen, die ich aber mit Dehnen und wenigen Massagen beim Physiotherapeuten gut beherrschen konnte, war aber insgesamt viel gesünder, als in den Vorjahren, in denen ich immer wochenlang dauererkältet war. 
Ich konnte schließlich meine Marschstrecken auch an aufeinander folgenden Tagen mit 12 kg Gepäck gut bewältigen, ohne danach total erschöpft zu sein. Als Abschlußübung bewältigte ich eine Strecke von 25 km mit Gepäck in einem schnellen Marsch (genau genommen 25,1 km in 4:08 h) ohne Pause und war danach absolut einsatzbereit.
Die intensive Erfahrung mit mir selbst tat mir auch mental außerordentlich gut. Die Reise konnte also kommen. Ich wußte, was ich konnte. Unter der extremen Belastung einer Jagd in schwerem Wetter (Wechsel von Kälte und Tauwetter, geringe Wilddichte, hohe Wildgeschwindigkeit) stellte ich einige wenige Schwachpunkte fest, die ich an anderer Stelle behandelt habe.
    
Hinweis: Ich bin kein Arzt und gebe keinen medizinischen Rat. Hier habe ich beschrieben, wie ich mich vorbereitete. Bereiten Sie sich in Absprache mit Ihrem Arzt so vor, wie es für Ihre Konstitution und Ihr Reiseziel sinnvoll ist.